- öffentliche Auftragsvergabe
- öffentliche Auftragsvergabe,das Verfahren der Vergabe öffentlicher Aufträge zur Beschaffung von Waren und Dienstleistungen. Die öffentliche Auftragsvergabe ist geregelt im Haushaltsrecht (§ 30 Haushaltsgrundsätzegesetz, § 55 Bundeshaushaltsordnung, Vergabe-VO vom 22. 2. 1994), in verschiedenen verwaltungsinternen Richtlinien: Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) in der Fassung vom 12. 5. 1997, Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) vom 12. 5. 1997, Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) in der Fassung vom 30. 5. 2000 und VO des Bundesministers für Wirtschaft über die Preise bei öffentlichen Aufträgen (VPöA) nebst den Leitsätzen für die Preisermittlung aufgrund der Selbstkosten (LSP) sowie im Gesammelten gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§§ 97 ff.) in der Fassung vom 26. 8. 1998.Die öffentliche Auftragsvergabe hat grundsätzlich durch öffentliche Ausschreibung zu erfolgen. Dabei wird durch öffentliche Bekanntmachung eine unbegrenzte Anzahl von Anbietern zur Abgabe eines Angebots aufgrund einer spezifizierten Leistungsbeschreibung aufgefordert, nachdem die Verwaltung geprüft hat, ob die erforderlichen Haushaltsmittel bereitstehen, und einen Kostenanschlag festgesetzt hat. Die Angebote müssen bis zum Ende der Ausschreibungsfrist geheim gehalten und dürfen nach Ende der Ausschreibungsfrist nicht mehr geändert werden. Der Zuschlag ist grundsätzlich dem günstigsten Angebot zu erteilen. Nur ausnahmsweise, wenn die Eigenart der Leistung oder besondere Umstände es rechtfertigen (z. B. weil »besondere Zuverlässigkeit oder Fachkunde des Bewerbers« erforderlich ist), kommen Abweichungen von der öffentlichen Ausschreibung in Betracht: Bei der beschränkten Ausschreibung wird nur eine begrenzte Zahl von Unternehmen zur Einreichung eines Angebots aufgefordert, während bei der freihändigen Vergabe eine Ausschreibung unterbleibt und ein Vertrag nach behördlichem Ermessen unmittelbar mit einem geeignet erscheinenden Lieferanten abgeschlossen wird (z. B. bei Kleinaufträgen oder besonderer Dringlichkeit).Bei allen Preisvereinbarungen sind grundsätzlich Marktpreise zugrunde zu legen. Da sich zahlreich öffentlich nachgefragte Leistungen von privaten wesentlich unterscheiden, wird durch Zu- und Abschläge zum entsprechenden Marktpreis der Preis für eine vergleichbare marktgängige Leistung ermittelt. Nur in Ausnahmefällen (z. B. bei Beschaffung militärischer Güter aus Gründen der Geheimhaltung und der beschränkten Konkurrenz auf Anbieterseite) dürfen Kostenpreise (Selbstkostenpreise) herangezogen werden. Der Kostenpreis orientiert sich an den Selbstkosten des Anbieters zuzüglich Zuschläge für Wagnis, Unternehmerlohn und Gewinn. - Durch die verschiedenen Vorschriften der öffentlichen Auftragsvergabe soll der Vergabeprozess objektiviert, besser kontrolliert und eine Beschaffung zu möglichst günstigen Bedingungen ermöglicht werden. Mit der öffentlichen Auftragsvergabe sind oft wirtschaftspolitische Ziele verknüpft. Eher zweitrangig sind dabei die konjunkturpolitischen Wirkungen der öffentlichen Auftragsvergabe, da Umfang und Struktur der Haushaltsansätze schon festliegen und durch die öffentliche Auftragsvergabe lediglich der Beschaffungszeitpunkt innerhalb des Haushaltsjahres beeinflusst werden kann. Wichtiger sind strukturpolitische und wettbewerbspolitische Ziele, die zur Bevorzugung bestimmter Anbietergruppen führen: unter regionalen Aspekten Anbieter in strukturschwachen Gebieten, unter wettbewerbspolitischen Aspekten mittelständischer Anbieter. Zum Europäischen Binnenmarkt gehört das Gebot einer Gleichbehandlung in- und ausländischer Anbieter bei der öffentlichen Auftragsvergabe (transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren, Verbot von Beschaffungsprotektionismus). Im Zuge der Umsetzung verschiedener EG-Richtlinien zur Vergabe öffentlicher Aufträge wurde das deutsche Vergaberecht neu geordnet; danach sind auf Bundes- und Landesebene Vergabeprüfstellen als Kontrollinstanz und Vergabekammern als Revisionsinstanz einzurichten. Darüber hinaus wurden auf Drängen der Europäischen Kommission in den letzten Jahren die Rechte der Anbieter verbessert und ihnen rechtliche Möglichkeiten für den Fall eingeräumt, dass sie sich bei öffentlichen Ausschreibungen benachteiligt fühlen. Entsprechende Vorschriften wurden in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen beziehungsweise in die neugefassten Verdingungsordnungen sowie die Vergabe- VO eingearbeitet.O. Gandenberger: Ö. A., in: Hwb. der Wirtschaftswiss., hg. v. W. Albers u. a., Bd. 5 (1980);F. Rittner: Rechtsgrundlage u. Rechtsgrundsätze des öffentl. Auftragswesens (1988);K. J. Birgel: Öffentl. Auftragswesen u. Preisrecht (1994).
Universal-Lexikon. 2012.